Wenn Solaranlagen und
Windräder in Deutschland kräftig produzieren, springen im
südthüringischen Goldisthal die Pumpen an. Mit dem Ökostrom-Überschuss,
den Sonne und Wind liefern, wird Wasser in das hochgelegene Becken
gepumpt: Im Thüringer Wald steht Deutschlands größtes
Pumpspeicherkraftwerk – mit 1060 Megawatt von der Leistung mit einem
Kernkraftwerk vergleichbar.
Etwa
30 dieser Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von zusammen etwa 7000
Megawatt, die als Stromspeicher dienen, gibt es bundesweit. Doch das
Geschäftsmodell droht zu kippen – trotz des enormen Bedarfs an
Stromspeicherkapazität, warnen Branchenvertreter.
Jahrelang waren die Anlagen,
deren Bau wegen der massiven Eingriffe in Natur und Landschaft heftig
umstritten ist, ein gutes Geschäft. Mit billigem Strom – meist nachts –
wird das Wasser nach oben in ein großes Becken gepumpt. Später rauscht
es wieder nach unten, treibt Turbinen an und erzeugt Strom. Die
Preisdifferenz zwischen Tag- und Nachtstrom warf früher ordentliche
Erträge ab.
Pumpspeicherkraftwerke lohnen sich nicht mehr
Das
ist heute nicht mehr so, mit dem klassischen Geschäft sei kaum noch
Geld zu verdienen, sagen Betreiber. Der Markt und das Preisgefüge haben
sich mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien verändert. Im
Gegensatz zu früher gibt es am Tag, wenn viel Energie benötigt wird,
auch viel Energie: Bei schönem Wetter laufen Windräder und Solaranlagen
auf Hochtouren. Manchmal so stark, dass dem Netz die Überlastung droht.
Pumpspeicherkraftwerke nehmen dann diese überschüssige Energie auf. In
alten Zeiten produzierten die Kraftwerke in diesen Stunden Strom und
verdienten ordentlich Geld.
"Die stabilisierende
Funktion der Anlagen im Stromnetz bis hin zu Blackout-Schutz bei
Stromausfall wird nicht honoriert", sagt der Chef der Wasserkraftsparte
des Energiekonzerns Vattenfall, Peter Apel. Vattenfall gehört mit acht
Pumpspeichern auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zu
den Großen der Branche. Die Wasserkraftwerke würden zudem behandelt wie
Endverbraucher, nicht wie Speicher, kritisiert Apel. "Die Befreiung von den Netzentgelten würde helfen."
Eine
Meinung, die der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
teilt. "Wir hoffen auf bessere Rahmenbedingungen", sagt ein
Verbandvertreter in Berlin. Dabei gehe es nicht allein um die
Netzentgelte. Doch nach der Vorlage des neuen Energiemarktkonzepts der
Bundesregierung vor einigen Wochen gab es lange Gesichter. "Es ist
enttäuschend, dass das Wort Speicher kaum erwähnt wird", beklagt eine
Branchenvertreterin.
Neubauprojekte liegen derzeit auf Eis
Eigentlich
ist die Liste milliardenschwerer Projekte für Neubau- und
Erweiterungsprojekte in bergigen Regionen Deutschlands lang. Nun seien
es aber "Projekte in Warteposition", heißt es beim BDEW. "Niemand trifft
jetzt endgültige Investitionsentscheidungen."
Die wohl größten Vorhaben
mit einer Leistung von jeweils mehr als 1000 Megawatt gibt es in Atdorf
im Südschwarzwald und bei Tambach-Dietharz im Thüringer Wald. Allein das
Stadtwerke-Konsortium Trianel (Aachen) will 1,4 Milliarden Euro in ein
Pumpspeicherwerk an der nicht mehr gebrauchten Trinkwassertalsperre Schmalwasser im Thüringer Wald stecken. "Wir halten an dem Projekt fest und warten ab, was in Berlin passiert", sagt Nicole Kolster von Trianel.
Andere haben ihre Projekte von der Schublade, wo sie lange lagen, in den Papierkorb entsorgt. Der Baukonzern Hochtief
zog einen Schlussstrich unter den Bau eines Pumpspeicherwerks im
thüringischen Kyffhäuserkreis. Aktuell könnten sie in Deutschland nicht
mehr wirtschaftlich betrieben werden.
Das
Energiemarktprogramm der Bundesregierung lasse keine Perspektive
erkennen, "die dies wesentlich ändern könnte". Hochtief wolle sich bei
Investitionen in Pumpspeicherwerke zurückhalten. Das gelte auch für
Vorhaben in Freden in Südniedersachsen und in Ostwestfalen-Lippe in
Nordrhein-Westfalen.
Thüringen als Land mit einer bereits großen Stromspeicherkapazität will
sich für die Anlagen einsetzen. Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne)
verlangt Nachbesserungen vom Bund und "verlässliche Bedingungen für
bewährte und neue Energiespeicher". Netzentgelte für die Speicher seien
zumindest zu überdenken. Offen ist, wie viele Verbündete sie dafür in
anderen Bundesländern findet.
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